Sanders & Kollegen - Fachanwälte für Strafrecht

07.04.2020 | Andreas Sanders | Sanders & Kollegen

Drogenbestellung im Darknet

Das sogenannte Darknet ist ein virtueller Marktplatz abseits des offenen Internets und gilt als Plattform für illegale Transaktionen. Unter anderem werden dort Betäubungsmittel und Drogen gehandelt. Abgewickelt werden die Geschäfte meistens in digitaler Krypowährung wie Bitcoins, um die Anonymität von Händler und Käufer zu gewährleisten. Deshalb erfolgt auch der Kontakt über verschlüsselte Kanäle. Allerdings bleibt die Anonymität nur so lange gewährleistet, bis die bestellten Drogen ausgeliefert werden. Denn das geschieht üblicherweise auf dem Postweg. Und hier kann die Lieferung abgefangen werden.

Doch es gibt auch noch andere Ansatzpunkte, warum Sie von der Polizei verdächtig werden können, im Darknet Drogen erworben zu haben. So betätigen sich die Behörden auch als Hacker und verdeckte Ermittler, bzw. als vermeintliche Kaufinteressenten. Bei der Beschlagnahmung der Darknet-Händlerdaten wird dann das komplette Adressmaterial überprüft. Das gilt auch, wenn Zahlungen nicht über Bitcoins, sondern über PayPal oder Banküberweisung erfolgte. Letztendlich kann es aber auch Hinweise eines Kronzeugen oder einer Person aus Ihrem persönlichen Umfeld gegeben haben.

Weitere Verdachtsmomente vermeiden

Wenn Sie nun als Beschuldigter von der Polizei eine Vorladung erhalten, sollten Sie diesen Termin nicht ohne anwaltlichen Beistand wahrnehmen. Denn ein Strafverteidiger kann bereits im Vorfeld Akteneinsicht nehmen. Dabei geht es darum, welche belastenden Anhaltspunkte, bzw. welches Beweismaterial vorliegt und wie umfangreich es ist. Dann lässt sich gemeinsam klären, wie sinnvoll es ist, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Anhand des durch den Beschuldigten geschilderten Sachverhalts kann der Anwalt auch eine Einordnung der Rechtslage vornehmen und die möglichen rechtlichen Konsequenzen abschätzen. Grundsätzlich gilt: Auch wenn der Beschuldigte den Drang hat, sich zu erklären, sollten ohne Kenntnis des Akteninhalts keine Einlassungen gemacht werden. Die Gefahr ist zu groß, weitere Verdachtsmomente zu schaffen, anstatt sie zu entkräften.

Komplexe Rechtslage

Steht der Vorwurf des Erwerbs von Betäubungsmitteln im Raum, lässt ein Durchsuchungsbeschluss für Ihre privaten Räumlichkeiten nicht lange auf sich warten. Bei der Suche nach Betäubungsmitteln werden auch Computer und Smartphone ausgewertet, um die Bestellung nachweisen zu können. Doch selbst wenn sich nichts finden lässt, reicht der Staatsanwaltschaft oft schon die Empfängeranschrift der Lieferung aus, um Anklage zu erheben. Allerdings kann das allein als Tatnachweis nicht ausreichen. Auch wenn die Bestellung von Betäubungsmitteln im Darknet zunächst immer strafbar ist.

Wenn aber kein Rauschgift sichergestellt werden kann, ist es je nach Beweislage sehr schwierig, dem Verdächtigen einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) nachzuweisen. Die Rechtslage ist komplex: Allein durch die nachgewiesen erfolgte Bestellung vom Rechner oder Smartphone des Beschuldigten ist nicht der Beweis erbracht, dass diese auch tatsächlich vom Beschuldigten erfolgte.

Aus der Praxis

Im konkreten Fall ergab die Auswertung des Computers des Beschuldigten, dass ein TOR-Browser installiert war – die Voraussetzung für den Zugang zum Darknet. Der Staatsanwaltschaft reichte das aus, um Anklage zu erheben. Dem Gericht reichte das allerdings nicht aus, um ein Hauptverfahren zu eröffnen. Es sah keinen hinreichenden Tatverdacht und war nicht davon überzeugt, dass dem Angeschuldigten eine Täterschaft nachgewiesen werden kann. Einen persönlichen Kontakt zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber gab es nicht. Damit fehlte der Nachweis, dass es sich bei dem Besteller der Drogen tatsächlich um den Angeschuldigten handelte. Und da es in der Drogenszene durchaus üblich ist, Fremdpersonalien zu verwenden, reichte die Empfängeradresse nicht aus. Zumal sich die Briefkastenanlage in einem Gebäudekomplex mit mehreren Wohneinheiten befand und frei zugänglich war. Der auf dem Computer des Angeschuldigten installierte TOR-Browser konnte den Tatverdacht auch nicht entscheidend erhärten. Er ist zwar erforderlich, um sich in das Darknet einzuwählen, lässt aber nicht den Schluss zu, dass beabsichtigt ist, rechtswidrige Taten zu begehen. Das Beispiel zeigt: BtM-Bestellungen im Darknet stehen im besonderen Fokus der Staatsanwaltschaften. Es zeigt aber auch, welche Anforderungen Gerichte an die Beweislagen stellen. So kommt es immer wieder zu Verfahrenseinstellungen und nicht jede Anklage führt zur Hauptverhandlung.

Besitz von Betäubungsmitteln

Doch selbst wenn bei einer Durchsuchung Betäubungsmittel gefunden werden, muss das nicht zwangsläufig zu einer Verurteilung führen. So unterscheidet das Betäubungsmittelrecht zwei verschiedene Mengenbegriffe: geringe Menge und nicht geringe Menge. Beim Besitz einer geringen Menge kann eher davon ausgegangen werden, dass sie für den Eigenverbrauch bestimmt ist. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung bzw. das Gericht sogar von einer Bestrafung absehen. Empfindliche Strafen drohen hingegen bei nicht geringen Mengen. Doch auch Beweise, die auf Grund von Ermittlungsfehlern nicht verwertet werden dürfen, können zu einem Freispruch des Beschuldigten führen – ebenso wie formale Verfahrensfehler. Um diese Möglichkeiten ausschöpfen zu können, ist es entscheidend, einen erfahrenen Strafverteidiger an seiner Seite zu haben.


07.04.2020 | Andreas Sanders | Sanders & Kollegen

Andreas Sanders

Andreas Sanders

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

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